Der Ritter und sein Liebchen

[151] Ein Ritter ritt einst in den Krieg,

Und als er seinen Hengst bestieg,

Umfing ihn sein fein's Liebchen:

»Leb wohl, du Herzensbübchen!

Leb wohl! Viel Heil und Sieg!


Komm fein bald wieder heim ins Land,

Daß uns umschling' ein schön'res Band,

Als Band von Gold und Seide:

Ein Band aus Lust und Freude,

Gewirkt von Priesterhand!« –
[151]

»Ho, ho! Käm' ich auch wieder hier,

Du Närrchen du, was hülf' es dir?

Magst meinen Trieb zwar weiden;

Allein dein Band aus Freuden

Behagt mit nichten mir.« –


»O weh! so weid' ich deinen Trieb,

Und willst doch, falscher Herzensdieb,

Ins Ehband dich nicht fügen!

Warum mich denn betrügen,

Treuloser Unschuldsdieb?« –


»Ho, ho! du Närrchen, welch ein Wahn!

Was ich that, hast du mitgethan.

Kein Schloß hab ich erbrochen,

Wann ich kam anzupochen,

So war schon aufgethan.« –


»O weh! So trugst du das im Sinn?

Was schmeichelst du mir um's Kinn?

Was mußtest du die Krone,

So zu Betrug und Hohne,

Mir aus den Locken ziehn?« –


»Ho ho! Jüngst flog in jenem Hain

Ein kirres Täubchen zu mir ein.

Hätt' ich es nicht gefangen,

So müßten mir entgangen

Verstand und Sinnen sein.« –


D'rauf ritt der Ritter hop sa sa!

Und strich sein Bärtchen trallala!

Sein Liebchen sah ihn reiten,

Und hörte noch vom weiten

Sein Lachen ha ha ha! – –


Traut, Mädchen, leichten Rittern nicht!

Manch Ritter ist ein Bösewicht.

Sie löffeln wohl und wandern,

Von Einer zu der Andern,

Und freien Keine nicht.
[152]

Quelle:
Bürgers Gedichte in zwei Teilen. Teil 1: Gedichte 1789. Berlin, Leipzig, Wien, Stuttgart 21914, S. 151-153.
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