6. Auf H. Görg Glogers seine Disputation von den Nachtwanderern

[115] 1631.


Vermag denn diß ein Dampf, der uns bei Schlaf' und Nacht

umnebelt Seel' und Sinn, der uns zu Schwärmern macht,

im Schlafen ohne Schlaf', im Ruhen ohne Rasten?

Der klettert hin und her an Türen, in Palasten,

der will der Lunen nach in unbepfählter Luft,

steigt frisch dem Giebel zu. Der wagt in eine Kluft

und Brunnen seinen Leib. Der Schmied ergreift den Hammer

und läuft zum Ambos hin, der Zimmerman die Klammer.

Der schwimmet durch den Strom, erleget seinen Feind,

der macht sich auf den Weg, eh' Phosphorus noch scheint;

der setzt sich auf das Holz und meinet wegzureiten,

giebt frisch der Wand den Sporn. Der fänget an zu streiten

und brauchet seiner Faust, der zeucht sich auf das Haus

am Kloben kühnlich an und nimmt die Elstren aus.

Wie auch viel' Andre mehr, die schlafend das beginnen,

was niemand wachend kan. Hier schärfet eure Sinnen,

ihr, die ihr Weisen seid! Hier ist das schöne Ziel.

Kunst muß der setzen auf, der hier gewinnen will.[115]

Hier ist die güldne Frucht. Hier laufet um die Wette!

Sphinx muste doch einmal mit Blute gehn zu Bette,

weil man ihr Rätsel traf. Hier rate, wer da kan!

Hier löst den Knoten auf, das keiner noch getan,

ja, keiner noch getan! Da steht die teure Krone.

Die Krone, Siegesman, bekömmest du zu Lohne!


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 115-116.
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