2. Auf Herrn Johann Casimr, Herzoge zu Sachsen, Namenstag

[110] 1631 März 4.


Es ist noch unverspielt! Trau, Sachse, nur auf Den,

der dich vom Ursprung' an zu seinem Volk' ersehn!

Wer weiß von Sachsen nicht? wie ihre dapfer' Ahnen

den Ländern stunden vor, wie mancher Feinde Fahnen

sie brachten unter sich, wie der für Volk und Land

so kühne sich gewagt, nach dem sie sind genant

und heißen Herzoge: ja auch, von dem sie Christen

aus Heiden worden sind. Wie, wenn denn ietzt auch müsten

dem Sachsen geben nach, die lang' auf ihn gezielt?

Trau, Sachse, nur auf Gott; es ist noch unverspielt!

Hat uns des Himmels Macht für zweimal fünfzig Jahren,

als gegen alle Welt nur ein Man wir doch waren,

so wunderlich geschützt, solts ietzt denn nicht geschehn,

nun so viel Land' und Leut' auf unsern Glauben sehn?

Wir stehen noch bei dem, was Kaiser Carl der Fünfte,

was König Ferdinand, was vieler Völker Zünfte

nicht kunten stoßen umb, wir stimmen einig ein

und sagen, daß wir noch gut evangelisch sein

und wollens bleiben auch. Des Sachsen Schwert und Raute

nahm sich des Wortes an, das Gott ihm anvertraute

durch Luthers werten Dienst. Den Sachsen bleibt der Ruhmb,

daß sie sich erst bemüht umb Gottes Eigentumb.

Ihr dieses Stammes Zweig, der noch als in der Jugend

bei hohem Alter grünt, voll Saft der frischen Tugend

und reinen Redligkeit, Herr Casimir, den euch

an Würden und Vernunft der Himmel machet reich!

Wie euer Coburg euch und eure Weisheit preiset,

das ist hoch über uns, wo Phöbus täglich reiset,

und höher noch bekant. Der Sternen Pöfel singt,

wie ihr von Kindheit an bis noch nach Lobe ringt,[110]

wie ihr so wol regiert. Diß sind die rechten Erben,

die mit dem Leibe nicht den Namen lassen sterben.

Recht leben, wol regieren, die machen, daß der Preis

des Fürsten auch die Gruft hernach zu rühmen weiß.

Ihr eures Stammes Zier, ihr Tropfen des Geblütes,

das erst recht fürstlich wird durch Hochheit des Gemütes,

regt euren Sachsen-Mut, und ratet tröstlich zue,

wie man der teutschen Welt doch wieder schaffe Ruhe!

Der Schläfe frischen Reif, den Schnee der greisen Wangen,

der sich umb euer Haupt, o Vater, hat gehangen

durch vieler Jahre Frost, durch schaler Sorgen Wind,

uns eurer teutschen Treu ein wahres Zeichen sind.

Das Wetter stehet iezt gleich über unserm Lande;

der Blitz, der schimmert schon. Ach, wehret diesem Brande,

eh' er nimmt überhand! Ach, wehret, werter Held,

eh' uns die wilde Gluht in unsre Grenzen fält,

das leider schon geschehn! Kern aller weisen Prinzen,

macht euch noch mehr belobt bei aller Welt Provinzen

durch des Verstandes Flug! Geliebter der Natur,

führt unser teutsches Reich zur rechten Friedens-Spur!

O wolte, wolte Gott, daß man einst könte sagen:

Gott Lob, wir haben iezt nicht über Krieg zu klagen!

Doch Hoffen ist umbsonst, so lange Krieg und Streit

verlegt den schönen Paß zu Fried' und Einigkeit.

Helft ihr, daß Lehr', und Fried', ihr Ältesten zu Sachsen,

von Sachsen vorgepflanzt, bei Sachsen möge wachsen!

Diß ist mein Anbinds Wundsch, den euch mein Phöbus schenkt

anstatt Kleinodien. Ach frommer Herr, bedenkt,

was uns zum Wolstand hilft! Alsdann wird sichs wol finden,

wie ihr mit schönerm Wundsch und Gaben seid zu binden.

S. fürstl. Gnaden

untertänigster


Paull Fleming.

Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 110-111.
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