3. Auf der Durchläuchtigsten Frauen, Frauen Marien Eleonoren, der Schweden, Gothen und Wenden Königin u.s.w. Ihrer Majestät Ankunft in Leipzig. 1631

[326] 1631 December 16.


Nymfe, welcher ich zu Ehren

billich diese Faust setz' an,

welcher ich ein Lied laß hören,

das die Zeit bestehen kan,

sei, Prinzessin, mir gewogen,

bis ich den Gesang vollzogen!


Was doch aber soll ich spielen,

was doch soll ich heben an?[326]

Wie vor deinem Herren fielen

so viel tausent tausent Man?

Wie von Kriegern, wie von Rossen

blutgefüllte Bäche flossen?


Wie der Elben breiter Rücken

sich vor ihm gezogen ein?

Wie sich vor ihm knechtlich bücken

die bezwungnen Main und Rhein?

Wie sich ihre stolzen Wellen

ihm zu Dienste müssen stellen?


Nein! Die unerhörten Taten

rühmen an sich selbsten sich.

Was vor Siegen ihm geraten,

ist gar viel zu hoch für mich.

Eine Muse muß es singen,

die sich gleichet solchen Dingen.


Hier hab' ich mir angesetzet,

Heldin, nur zu sehn auf dich,

nun uns dein Gesicht' ergetzet,

und von uns läßt sehen sich.

Dieses Liedes linde Weisen

sollen deine Zukunft preisen.


Bis willkommen, bis willkommen,

hochgelobte Königin,

nun auch hieher hat genommen

seinen Pfad dein edler Sin!

Bis willkommen! rufen Alle,

wer nur rufen kan mit Schalle.


Das verlebte Jahr wird jünger,

Eurus hemmet seine Rach',

Aquilo, der Wasserzwinger,

bricht die Stürme, fährt gemach,

Boreas weiß sanft im Wehen

seiner Fürstin nachzugehen.


Föbus lächelt her von fernen,

streckt sein Gold erfreuter aus.

Luna winket aus den Sternen,

und beglänzt ihr blaues Haus,[327]

Tag' und Nächte sind uns helle,

weil da bleiben wirst zur Stelle.


Leipzig rühmet sich der Ehren,

die du ihm hast angetan,

daß du ein hier wollen kehren

und den Ort selbst sehen an,

den Ort, da dein Held sich wagte

und den Feind zu Felde jagte.


O ihr wertesten zwei Flammen,

er der Helden, du der Zeit,

helf' euch Gott gesund zusammen,

wie ihr vor gewesen seid,

daß aus diesem Abseins-Leide

euch erwachse lauge Freude!


Doch verzeuch noch, Königinne,

bis er ganz den Feind zerschmeißt,

bis die Donau ihm zu Sinne,

bis die Tiber ihm recht fleußt!

Das denn, hat es Gott versehen,

eh' als balde wird geschehen.


Da ihr denn in stillem Frieden

könnet bei einander sein,

unverhindert, angeschieden,

auch nicht durch die letzte Pein,

bis daß ihr mit greisem Haare

euch mögt paaren auf der Bahre.


Halte, Heldin, dich indessen

bei uns auf und wo dirs liebt!

Niemand kan dir gleich ermessen,

was dein König noch uns giebt.

Meißen will und soll erlegen

dir zu Dienste sein Vermögen.


Wo du sitzest, wo du gehest,

müssen Rosen mit dir gehn!

Wo du liegest, wo du stehest,

müssen bunte Tulpen stehn!

Blumen müssen dich bespreiten

und an iedes Ort begleiten!
[328]

Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 326-329.
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