Der 148. Psalme

[812] Laudate Dominū de cœlis.


Ein DanckPsalm, darinnen alle geschöpff des Herren zu seinem lob werden ermanet: vnd sonderlich die Christlich gemeinde, in deren er das horn, das ist, das Reich Messie, hat angericht.


1.

Lobet den Herrn, jhr himlisch Trön,

die er geschaffen hat so schön,

Ja lobet jhn auch in der höh,

das jm sein schuldig Ehr gescheh.


2.

Ihr Engel, preißt sein herrlicheit,

dan jhr jm seit zu dienst bereit,

Nun lobe jn sein gantzes heer,

welches außrichtet sein beger.


3.

Lobet den Herren, der die son

zum tag gab vnn zur nacht den Mon,

Ja jr beid liechter vnd all stern,

lobet vnnd preiset euern HERRN.


4.

Ihr himmel all, sein lob erhebt,

jhr wasser, so darob auch schwebt,

Dis alls sei jhn zu loben fro,

dan sagt er ja, so ists gleich do:


5.

Was er gebeut ist gschaffen gleich,

vnd was er schafft erhält er leicht,

Des himmels feste schön vnn rund

erhalt er nū vnn alle stund.[812]


6.

Er gibt jhn ordnung vnd gesetz,

darnach sie vmmgehn müssen stäts,

Deßgleichen lobt jn von der Erd

jr wallesisch mit grosser herd.


7.

Ihr tieffe vnd abgrund darbei,

der Trach aus seiner hölē schrei,

Lufft, hagel, eis, schuee, dampff vnd feur

komm alles am lob Gots zu steur.


8.

Auch darmit Ost, West, Sud vū Nord

welche verrichtē seine wort,

Jr sturmwind die im luft hersaußt,

jtzūd zu erē Gottes braußt.


9.

Ir berg vnn wilde felsen all,

die stein bringt vermengt mit metall,

Ir fruchtbar hügel, feld vnd thal,

jr fruchtbar vnn wild bäum zumal,


10.

Ir wald gezir, jr Cederbäum,

jr bäum die man erbaut daheim,

Erhebt des Herren macht vnn krafft,

der euch zu gut dem Menschen schafft.


11.

Du zames viech, du scheues wild,

was lufft vnn Erden hie erfült,

Ir Vögel so am höchstē fleücht,

jr würm so am vndersten kreicht,


12.

Erschwinget vnd erhebet euch,

dan Got versicht euch all zugleich,

Ir König, Fürsten in der welt,

jr Richter dem volck fürgestelt:


13.

Alles was jhn ist vnderthon

vnd jede freie Nation,

Vō alter auch die schöne blüh,

die Jüngling vnd Jungfrauen hie,


14.

Der jugend freudig alter nun

wöll seine freud an tag auch thun,

Aber jhr Alte sollet jhn

vorgehn zu eim Exempel drinn.


15.

So lobet nun sein Namen all

einhälliglich mit gleichem schall,

Dieweil sein Namen vnd sein wort

erhöcht bleibt ewig hie vnd dort.


16.

Sein lob vnnd Ehr bleibt nicht gedeckt,

geht weiter dan die Welt sich streckt,

Der Herr das horn seins Volcks erhöcht,

derhalben, all jhr heilgen, möcht


17.

Sein lob verkündē, dan solch gnad

euch gnug zu singen weißt vnd rhat:

O Israel, dein lust vnd freud

sei zu loben sein gütigkeit.


18.

Du weist sein Gotsdienst, der jm liebt,

weil er sich dir zu kennen gibt

Vnd hat dich jm zum Volck bereit,

das du jhn lobst in ewigkeit.


Quelle:
Philipp Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahrhunderts, Leipzig 1874, S. 812-813.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Geistliche Lieder
Geistliche Lieder Und Psalmen Aus Dem Strassburger Gesangbüchlin Von 1576: Auch Dessen Anmahnung Zu Christlicher Kinderzucht Und Ein Artliches Lob Der Lauten (German Edition)

Buchempfehlung

Jean Paul

Titan

Titan

Bereits 1792 beginnt Jean Paul die Arbeit an dem von ihm selbst als seinen »Kardinalroman« gesehenen »Titan« bis dieser schließlich 1800-1803 in vier Bänden erscheint und in strenger Anordnung den Werdegang des jungen Helden Albano de Cesara erzählt. Dabei prangert Jean Paul die Zuchtlosigkeit seiner Zeit an, wendet sich gegen Idealismus, Ästhetizismus und Pietismus gleichermaßen und fordert mit seinen Helden die Ausbildung »vielkräftiger«, statt »einkräftiger« Individuen.

546 Seiten, 18.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon