[Wo in Gewölben von Schmaragd]

[185] Wo in Gewölben von Schmaragd

Die frischen Bächlein spülen

Will sich bei Hörnerklang die Jagd

Mit Kuß und Wein erkühlen.


Wie schallet und hallet der Hörnerklang

Wie rauscht der wilde Bronnen

Es widerklinget der Felsenhang

Die Fliege tanzt in der Sonnen

Aber Frau Echo, Frau Echo, Frau Echo,

Du widerspiegelst die Wonnen.


Gegrüßet sei du Waldgebäu,

Ihr hochbelaubten Eichen,

Komm Mägdlein, setz dich neben bei,

Tu mir den Becher reichen.


Wie webet und schwebet das grüne Dach

Wie stehn die ew'gen Eichen,[185]

Und schau wie die Blümlein zu dem Bach

Die Kelche durstig neigen.

Aber dir Bachus, dir Bachus, dir Bachus

Muß alle Seligkeit weichen.


Und den vielgoldnen Sonnenglanz

Laß in den Becher schauen,

Und flicht mir einen Blumenkranz

Und wolle mir vertrauen.


Es blinket und winket der goldne Wein

Es lassen die Blumen sich pflücken

Sie möchten gern all gebrochen sein,

So schön weiß sie sich zu bücken.

Aber Frau Venus, Frau Venus, Frau Venus

Kredenzet das ird'sche Entzücken.


Und weil die Sonne heißer scheint

Komm in die dunkle Laube,

Wenn gleich die wilde Rebe weint

Lacht doch die Turteltaube.


Mag weinen die Rebe, die Taube lacht

Die Lerche jubelt in Lüften

Das Birkhuhn falzt in Waldesnacht,

Die Hirschkuh lockt in den Klüften

Keusche Diana, Diana, Diana

Endimion naht in den Triften.


Sie bringt den Wein in Bechersglanz,

Aus Veilchen und Narzissen

Reicht sie ihm einen süßen Kranz

In Waldes Finsternissen.


Da lispelt und wispelt die Nachtigall,

Ihr Stimmlein wollt' übersteigen,

Es lacht und klagt der süße Schall

Wie Orgel, Laute und Geigen,

Aber du Amor, du Amor, du Amor

Vor dir muß alles ja schweigen.


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 1, München [1963–1968], S. 185-186.
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